04.09. — 06.11.2022 | Beletage

Monica Ursina Jäger

Liquid Territories

Monica Ursina Jäger (*1974) entzieht dem Publikum den Boden unter den Füssen, indem sie ihn in Fluss bringt. In ihren Werken öffnen sich fragmentierte, vielfach geschichtete und erodierende Territorien. Natürliche und konstruierte Räume mischen sich darin ebenso wie Realität und Fiktion. Auch das lineare Zeitkontinuum ist aufgebrochen; alles fliesst. 

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Als Leitmotiv tritt in den Arbeiten immer wieder Sand auf. Das lose und somit mobile Sediment verkörpert die stetige Transformation der Erde, die sich – wie die Entstehung des Sandes – unendlich langsam vollzieht. Dem steht das atemberaubende Tempo gegenüber, mit dem Sand und Kies heute weltweit abgebaut werden, denn Sand ist – nach Wasser – der meistgenutzte Rohstoff und eine zunehmend knappe Ressource. Er wird etwa für Beton, Glas und Computerchips verwendet, ist also der Stoff, aus dem unsere Welt gebaut ist.

Sandgewinnung steht auch im Zentrum von Jägers künstlerischem Forschungsprojekt «Liquid Territories», das in unserer Ausstellung erstmals umfassend präsentiert wird. Während fünf Jahren hat sich die zwischen Zürich, London und Singapur arbeitende Künstlerin mit natürlichen und anthropogenen Formen von Sedimentations- und Erosionsprozessen, Geopolitik und polytemporalen Zeiträumen beschäftigt und an poetischen Übersetzungen dieser Recherche gearbeitet.

Neben einer Installation, die Einblick in ihr Archiv gewährt, sind neue Werkgruppen zu sehen. Sie dokumentieren wichtige Projektphasen, während die Videoinstallation «Liquid Time – An Earthly Archive of Weathering Thoughts» den Kulminationspunkt der Arbeit markiert. Daran schliesst sich ein weiterführender Werkkomplex an, mit dem Jäger ihre Forschung auf die organische Welt ausdehnt und das visionäre Bild einer Zukunft entwirft, in der lebendige und sogenannt tote Materie als gleichwertig betrachtet werden.

Die Ausstellung lenkt den Blick explizit auf die Arbeitsweise der Künstlerin, die durch die Lehr- und Forschungstätigkeit am Institut für Umwelt und natürliche Ressourcen an der ZHAW befruchtet wird. Medial erstreckt sich das Spektrum von der Zeichnung über Collage, Foto und Video bis hin zur Installation. Als gestalterisches Prinzip bietet ihr insbesondere die Collage die Möglichkeit, der Komplexität ihrer Themen gerecht zu werden. Im Unterschied zur Wissenschaft agiert Kunst auf einer poetischen Ebene und vermag damit Zusammenhänge darzustellen, die in Worten und Zahlen nicht fassbar sind.

Dank

Unser Dank gilt neben der Künstlerin insbesondere der Videocompany, Zofingen, für die technische Unterstützung, und dem Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen, für die Leihgabe des Videos «Liquid Time - An Earthly Archive of Weathering Thoughts».

Für die finanzielle Unterstützung danken wir unseren privaten Mäzenen:innen sowie dem Lotteriefonds des Kantons Solothurn (Swisslosfonds).

Pro Helvetia hat die Produktion von «Liquid Time - An Earthly Archive of Weathering Thoughts» massgeblich unterstützt.


Pressespiegel

Kunstbulletin 6/2022
Monica Ursina Jäger – Umschichtung im Gefüge der Zeit
Fokusbeitrag von Irène Unholz

Kanal K, 3.9.2022
Radiointerview mit Monica Ursina Jäger
von Anita Huber

Künstler*innen

Monica Ursina Jäger

1974 in Thalwil geboren, lebt und arbeitet heute in Zürich, London und Singapur.

Die Praxis der international agierenden Schweizer Künstlerin zeichnet sich durch eine multidisziplinäre Reflexion von Raum-, Landschafts- und Architekturkonzepten aus, welche das Verhältnis von natürlichen und konstruierten Umgebungen ausloten. Im Wechselspiel zwischen dem Intuitiven, Erzählerischen und Faktischen untersucht Jäger Transformations-, Reorganisations- und Vermittlungsprozesse, indem sie die Grenzen zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Wissensproduktion hinterfragt. Jüngste Arbeiten befassen sich mit postnatürlichen Landschaften, dem Anthropozän sowie den geopolitischen Dimensionen natürlicher Ressourcen.

Die Künstlerin forscht und lehrt am Institut für Umwelt und natürliche Ressourcen IUNR ZHAW in Wädenswil. Seit 2016 widmet sich das transdisziplinäre Team der Entwicklung neuer Formen des Dialogs zwischen künstlerischen Praktiken und wissenschaftlicher Forschung, um Themen wie Nachhaltigkeit, Ökologie, Klimawandel und Anthropozän zu kommunizieren. Zu den Projekten gehören ökologische Massnahmen in Stadträumen, ‹narrative Environments›, Ausstellungen und öffentliche Gärten. In unterschiedlichen Kollaborationen organisiert sie interdisziplinäre Symposien und Workshops.

2022 hat Monica Ursina Jäger die zweite Sondermarke im Rahmen des Kunstengagements der Schweizerischen Post gestaltet. Das von der Künstlerin für die Marke gewählte Motiv einer «Wiese» als Bild für die Verschränkung von natürlichem Lebensraum und Kulturleistung, und damit also für den Einfluss des Menschen auf die Natur, steht in enger Verbindung zu ihren neusten, in der Oltner Ausstellung präsentierten Arbeiten.

Ihr Werk, für das sie wiederholt ausgezeichnet wurde, ist in wichtigen Sammlungen international vertreten.

Weitere Informationen:

Ansichten

Veranstaltungen

18:30 | Museum

SA
3
SEP
Vernissage

Monica Ursina Jäger & Philipp Schaerer

19:15 | Museum

Di
6
SEP
Kuratorinnen-Führung

Monica Ursina Jäger & Philipp Schaerer

19:15 | Museum

Di
20
SEP
Dialogischer Rundgang

Kunst und Wissenschaft

19:15 | Museum

Di
25
OKT
Artist Talk

Monica Ursina Jäger

Mitmachen

Ausstellungsbüechli der Kunstvermittlung

Zu jeder Ausstellung gestaltet die Kunstvermittlung ein Ausstellungsbücheli. Dabei handelt es sich um ein kostenfreies Angebot für Kinder, Familien und neugierige Erwachsene. Es lädt zur aktiven Auseinandersetzung mit den Exponaten ein, zum Zeichnen, Rätseln, genau Hinschauen.

Sie bekommen das Büechli und einen Bleistift am Empfangstresen. Über Rückmeldungen zu Beobachtungen oder über Fragen, die sich aus der Entdeckungsreise mit dem Büechli ergeben, freuen wir uns immer. Gern können Sie diese am Empfang deponieren oder der Kunstvermittlung per Mail mitteilen:

Ausstellungsbüchlein der Kunstvermittlung
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