02.05. — 31.05.2022 | Stadtraum
verlängert bis 30.06.2022

Michael Meier & Christoph Franz

Armor Layer (ein ephemeres Projekt)

2/3 Rachel Bühlmann: Aareinseli im Chessiloch bei Olten vor dem Aufbau von «Armor Layer», 2.5.2022. Fotografie © Künstler & Fotografin

3/3 Michael Meier & Christoph Franz: Armor Layer (Konstruktionsszeichnung), 2021 © Künstler

«Armor Layer» wurde vom Zürcher Künstlerduo Michael Meier & Christoph Franz ursprünglich für unsere letztjährige Sommerausstellung «Dere schöne Aare naa» konzipiert. Die ephemer angelegte Arbeit konnte aber wegen des Hochwassers 2021 nicht realisert werden. Deshalb bauen wir das treppenartige Bauwerk aus Geschiebesand-Ziegeln nun mit Hilfe des städtischen Werkhofs und der Pontoniere in der ersten Mai-Woche 2022 auf dem Aareinseli im Oltner Chessiloch auf. Das Vorhaben wird damit zum eigenständigen Projekt.

Einmal errichtet, werden Witterung und Strömung die Skulptur nach und nach wieder abtragen, denn die kleine Aareinsel am Stadtrand von Olten, auf welche das Werk gesetzt wird, taucht bei steigendem Pegelstand der Aare unter die Wasseroberfläche ab. So holt sich der Fluss das Baumaterial zurück, das ursprünglich aus diesem Gewässer stammt. Es handelt sich nämlich um Geschiebe aus dem Kanderdelta bei Thun, das dort im grossen Stil vor seinem Eintritt in den Thunersee aus dem Wasser gebaggert wird, um flussabwärts in der Aare Überschwemmungen und Beschädigungen von Stauwehren zu verhindern. Das Kanderdelta ist der Ort der ersten aufgezeichneten Flussregulierung der Schweiz. Der sogenannte Kanderdurchstich sorgte 1713 dafür, dass die Kander nicht mehr direkt in die Aare, sondern in den Thunersee mündet. Die Künstler haben solches Geschiebe gemeinsam mit der Lehmag AG in Brunnen zu rund 1300 Ziegeln gepresst.

Wie das von Menschenhand nun in Olten in die Aare gesetzte Bauwerk seine Form im Zerfallsprozess verändert, bis hin zu seiner kompletten Auflösung und Rückführung in die Natur, dokumentiert die Oltner Fotografin Rachel Bühlmann für uns.

Die Arbeit ist Teil eines gleichnamigen künstlerischen Langzeitprojektes von Michael Meier & Christoph Franz. Es beschäftigt das Künstlerduo seit 2017 und hat in dieser Zeit schon mehrere Kontrektisierungen erfahren.

Im Zentrum des Werkkomplexes «Armor Layer» stehen der Gestaltungsdrang des Menschen und daraus resultierenden Eingriffe in die Natur. Als archetypisches Beispiel dafür dient das komplexe Gefüge einer Flusslandschaft, konkret die Aare mit ihren vielen Zu- und Nebenflüssen. Sie eignet sich als längster ganz in der Schweiz verlaufender und wasserreichster Fluss unseres Landes hervorragend für die Betrachtungen von Michael Meier und Christoph Franz.

Diese führen etwa zu folgenden Fragen: Welchen Einfluss hat die Kanderkorrektion auf den Schweizer Grundwasserspiegel? Was hat ein Wasserkraftwerk an der Aare mit dem Artensterben zu tun? Und welche Auswirkungen haben Flusseingriffe in der Schweiz auf umliegende Länder, auf ganz Europa?

Die im Rahmen des Projekts «Armor Layer» entstehenden Arbeiten präsentieren weder Antworten noch fertige Lösungen. Vielmehr verweisenden sie auf den investigativen Charakter der künstlerischen Praxis von Meier & Franz. Denn die beiden betreiben Forschung mit künstlerischen Mitteln. Der Fokus liegt dabei auf der Art und Weise der Annäherung an bestimmte Orte und ihre Gegebenheiten, wobei dem Prozess ebensolches Gewicht zukommt wie den Werken selbst.

Wie so oft bei Meier & Franz gibt uns der Titel einen Schlüssel zum Verständnis in die Hand. Der Begriff «Armor Layer» (engl. Rüstung) geht auf die Nomenklatur der Hydrologie zurück, in der «Armor» die Schicht aus Sand, Kies und anderem Geschiebe bezeichnet, welche das Flussbett schützt. Diese sorgt dafür, dass das Wasser nicht ungehemmt tiefe Rinnen in den Boden frisst – ein wichtiger ökologischer Faktor, denn erst Kies, Sand und Verschlickungen bieten beispielsweise den heimischen Flussfischen geeignete Laichplätze.

Detailliertere Informationen zum Projekt finden Sie im Beitrag von Rani Magnani auf unserem Blog Der Lift.