08.05. — 01.08.2021 | Stadtraum & Museum
Dere schöne Aare naa
Open-Air-Ausstellung an und in der Aare mit begleitender Ausstellung im Museum und einem Projekt von Max Bottini
Diesen Sommer dreht sich in Olten alles um den Fluss, der die Stadt verbindet und teilt. Dreizehn Kunstwerke an und in der Aare und viele weitere Arbeiten im Kunstmuseum animieren Publikum und Bevölkerung zu Spaziergängen, die zum Beobachten und Staunen, aber auch zum Schwimmen und Träumen und einmal sogar zum gemeinsamen Mahl einladen.
«Gang doch e chli der Aare naa, Dere schöne, schöne, schöne grüene Aare naa, Dere Aare naa», singt Endo Anaconda im gleichnamigen Stück von Stiller Has, das 1996 entstand. Es kommt einer Liebeserklärung an den Fluss gleich, der von den Berner*innen zu jeder Jahreszeit als öffentlicher Raum intensiv genutzt wird.
In Olten zeigt sich die Liebe zur Aare nicht ganz so offen, obschon die pittoreske Holzbrücke eines der Wahrzeichen der Stadt ist, und es direkt am Ufer eine wunderschöne Badi im Bauhausstil gibt, obwohl traditionsreiche Anlässe wie das Chlausenschwimmen mit der Aare verbunden sind und diverse Vereine den Fluss für ihre Interessen nutzen. weiterlesen
Aber der Zugang zum Fluss ist im Vergleich zu anderen Städten wenig ausgebaut, und gemütliche Verweilmöglichkeiten am Wasser sind rar. Auch trennen der Fluss und die parallel dazu verlaufenden Strassen und Eisenbahngleise die Stadt in zwei ungleiche Hälften. Auf der einen Seite liegt die Altstadt mit dem Stadthaus und den traditionellen Kulturinstitutionen, auf der anderen das Olten der Arbeiter und Migrantinnen mit den grossen Bildungsinstitutionen, dem Gymnasium und dem Campus der FHNW.
In den letzten Jahren wurden deshalb verschiedene Initiativen zur Attraktivierung der städtischen Aareufer lanciert. Das 2013 per Volksabstimmung bewilligte Projekt «ANDAARE» hätte den Zugang zum Fluss öffnen sollen, musste aber infolge der städtischen Finanzkrise wenig später schubladisiert werden – sehr zum Bedauern der Bevölkerung. Immerhin werden aktuell im Zuge der Sanierung des rechtsufrigen Ländiwegs zumindest Teile des ursprünglichen Projekts realisiert. Und diesen Frühling lancierte die Partei «Olten jetzt!» die Volksinitiative «Aare-Schwimmstadt Olten» zur Aktivierung des Aareraums auf Stadtgebiet.
Mit unserer ursprünglich für 2020 geplanten Sommerausstellung, die wegen Corona um ein Jahr verschoben werden musste, rückt das Kunstmuseum Olten die Aare und die Beziehung der Oltner*innen zu ihrem Fluss ins Zentrum. Dafür haben wir Kunstschaffende eingeladen, Orte am und im Wasser zu bespielen. Im Museum sind weitere Arbeiten im Dialog mit Werken aus der Sammlung zu sehen.
Rundgang im Aussenraum
Die Ausstellungsverschiebung hat zu einigen Konzept-Änderungen geführt, weil die Baustelle am Ländiweg aktuell keinen Spaziergang «rund um die Oltner Aare» mehr zulässt. Stattdessen nützen wir neu die markanten Bau-Container als «Sockel» für eine Skulptur des Ottenbacher Künstlers Nicholas Micros, während der Oltner Markus (Male) Wyss einen Eisberg vor dem Ländiweg im Wasser schwimmen lässt.
Vis-à-vis, vom Amtshausquai aus, ist unter der Bahnhofsbrücke ab dem Eindunkeln die grosse Video-Projektion «BLUETENFLUT» der Solothurnerin Fraenzi Neuhaus zu bewundern – ein Wasser-Bild aus Licht, das unweigerlich an Monets «Seerosen» erinnert. Sein Widerschein taucht ins vorbeifliessende Nass ein, womit die Grenzen zwischen Künstlichkeit und Natur aufgelöst scheinen.
Den Jüngling der markanten Skulptur «Remonte!» von Otto Charles Bänninger am linksufrigen Brückenkopf, die immer wieder für Nachtbubenstreiche herhalten muss, kleidet Marion Strunk mit einer altmodischen roten Wollbadehose ein und deutet ihn in Anlehnung an Viscontis Film «Der Tod in Venedig» zu «Tadzio» und damit zur Projektionsfigur für Sehnsüchte und Leidenschaften um.
Gleich daneben ankert der farbenfrohe «Fruchtexpress Zürich-Schlieren» des Künstlerinnenkollektivs Mickry 3, der seinen Heimathafen vorübergehend verlassen hat, um in Olten gute Laune zu verbreiten.
Aare aufwärts, an der Mündung der Dünnern beim Badi-Steg dreht ein Schwan des St. Galler Künstlers Hans Thomann seine Runden und tanzt den «Schwanensee», während Co Gründlers mittlerweile rostig gewordene Girlande mit dem von Lou Reed entlehnten Titel «JUST A PERFECT DAY» sinnigerweise in der Badi zwischen zwei stolzen Bäumen baumelt.
Das Pontonierhaus, welches wie ein grosser (Wal-)Fisch über der Aare zu schwimmen scheint, verzaubert die Passant*innen mit tierischen Klängen von Nik Zander (als Referenz an Michel Ritters Walfischgesänge auf dem Furkapass), und beim Chessiloch platziert Markus Weiss zwei Suva konforme, orange gestrichene Einstiege, um die Oltner*innen zum Schwimmen in der Aare anzuregen. Damit sie die Stadt durchschwimmen können, ist unterhalb der Bahnhofsbrücke eine weitere Leiter als Ausstiegsmöglichkeit angebracht.
Auf einem nur bei niedrigem Wasserpegel aus den Strudeln des Chessilochs auftauchenden Inseli wird das Zürcher Künstlerduo Michael Meier & Christoph Franz Anfang Juli eine ephemere Skulptur installieren. Errichtet wird sie mit Bausteinen, die sie aus zermahlenem Geschiebe aus dem Kanderdelta bei Thun pressen lassen, und die je nach Abflussmenge der Aare mehr oder weniger schnell erodieren werden. Die Künstler nehmen mit «Armor Layer» den Gestaltungswillen des Menschen in den Blick. Der Fluss dient ihnen dabei als Archetyp, um die Auswirkungen von menschlichen Eingriffen auf das Gleichgewicht komplexer Ökosysteme zu thematisieren.
Beim Aare-Bistro platziert der gebürtige Trimbacher Andreas Hofer eine Verbotstafel, die an dieser Stelle irritiert: «Fotografieren verboten» gebietet sie ausgerecht an der Stelle, von wo aus sich die Stadt von ihrer Postkartenseite präsentiert. Mit einem liebevollen Augenzwinkern macht der Künstler so auf die Schönheit des Städtchens an der Aare aufmerksam.
An der Holzbrücke befestigt ist eine Neon-Schrift von Ursula Palla. Mit den Worten «Als wir träumten» verweist sie in poetischer Weise auf all die Träume und Hoffnungen, die wir in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft mit Olten und unserem eigenen Leben verbinden.
Schliesslich lädt Max Bottini, sofern es die Pandemielage zulässt, am 19. Juni zu einer grossen Tavolata auf der Brücke ein, um Bewohnerinnen und Bewohner der beiden Stadtseiten über der Aare zum Essen zu vereinen.
Praktisches für den Besuch
Einen Faltplan, der verschiedene Spaziergänge «dere schöne Aare naa» vorschlägt und Kurzinformationen zur Ausstellung und den einzelnen Kunstwerken am und im Fluss bietet, können Sie im Museum, bei Olten Tourismus oder im Stadthaus beziehen. Vertiefende Informationen werden nach und nach vor Ort über QR-Codes abrufbar sein. Hintergrundinformationen gibt’s auch auf unserem Blog «Der Lift»
Kostenlos geben wir ebenfalls den von uns mitgestalteten Führer «Kunst in Olten. 5 Spaziergänge zu 83 Werken in der Stadt» ab, mit dem sich die dauerhaft installierte Kunst im öffentlichen Raum erkunden lässt.
Die Videoprojektion von Fraenzi Neuhaus unter der Bahnhofsbrücke und die Neonschrift von Ursula Palla an der Holzbrücke sind jeweils ab dem Eindunkeln zu sehen.
Ausstellung im Museum
Auch das Museum ist im Fluss. Der Gang durchs Haus folgt dem Lauf der Aare, von ihrem Ursprung im Grimselgebiet bis zum Eintritt des Aarewassers ins Meer und streift dabei Aspekte wie Energiegewinnung, Schifffahrt, Umweltverschmutzung oder Flora und Fauna. Auch der Badespass darf selbstverständlich nicht fehlen. Der Schwerpunkt liegt aber auf Olten selbst – auf Ansichten der pittoresken Altstadt mit ihren Brücken, den fest installierten Kunstwerken im öffentlichen Raum und den Aarelandschaften, wie sie der Oltner Hans Munzinger und viele andere Künstler*innen aus der Museumssammlung sahen und sehen.
Blog-Beiträge
- Einführung in die Ausstellung von Katja Herlach
- Rani Magnani über die «BluetenFlut» von Fraenzi Neuhaus
- Marina Stawicki über ein besonderes Verbotsschild von Andreas Hofer
- Rani Magnani über «Armor Layer» von Michael Meyer & Christoph Franz
- «Dr Schwan (von Hans Thomann) isch los!», eine Geschichte von Ines Henner
- Tipps von Katja Herlach für das sichere Schwimmvergnügen in der Aare, zu den Ein- und Ausstiegen von Markus Weiss
- «Kunst und Klima», zur Klimawanderung «Klimaspuren» von Rani Magnani
- «Der Fluss macht seine Ausstellung selbst», ein Bericht zu den Auswirkungen des Hochwassers von Katja Herlach, Rani Magnani und Dorothee Messmer
- Claudia Kissling über ein Brückenbild von Rosa Wiggli
Künstler*innen
im Museum:
Otto Charles Bänninger, Georges Bärtschi, Johann Jakob Biedermann, Vreny Brand-Peier, Arnold Brügger, Roman Candio, Barbara Davatz, Urs Derendinger, Franz Eggenschwiler, Otto Frölicher, Röbi Gisi, Marcus Gossolt, Florian Graf, Urs Hanselmann, Kurt Hediger, Christina Hemauer und Roman Keller, Eugen Henziross, Andreas Hofer, Barbara Jost, Andreas Keller, Thomas Kneubühler, Jürg Kreienbühl, Hans (Kü) Küchler, Marianne Kuhn, Karin Lehmann, Lutz & Guggisberg, Michael Meier & Christoph Franz, Nicholas Micros, Jörg Mollet, Otto Morach, Arnold Munzinger, Hans Munzinger, Fraenzi Neuhaus, Meinrad Peier, Jakob Probst, Paul Théophile Robert, Ueli Sager, Martin Schwarz, Friedrich Stirnimann, Marion Strunk, Hugo Suter, Regula Syz, Markus Weiss, Rosa Wiggli, Martin Ziegelmüller
u.a.m.
Ansichten
Veranstaltungen
Mitmachen
Tavolata mit Max Bottini
Einladung an die Bewohner*innen von Olten zu einem gemeinschaftlichen Essen auf der Holzbrücke
Samstag, 4. September 2021, 18–19.30 Uhr
In der künstlerischen Praxis des Ostschweizer Künstlers Max Bottini sind Kochen und Essen als Katalysatoren für interaktive Prozesse, Kommunikation und geesllschaftliche Interaktion zentral. Er lädt die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Olten exklusiv zur Teilnahme an einem für die Stadt entwickelten Projekt ein, das ursprünglich im Begleitprogramm unserer Sommer-Ausstellung «Dere schöne Aare naa» hätte stattfinden sollen, dessen Durchführung aufgrund der pandemischen Situation aber auf den 4. September 2021 verschoben werden musste. — Machen Sie mit!
Die Aare teilt die Stadt Olten: Im Westen die historisch gewachsene Altstadt, im Osten das industriell ausgelegte Stadtquartier. Die Verbindung zwischen den Stadtteilen gewährleisten Brücken. Eine Brücke schlagen will auch das Projekt von Max Bottini. Der Künstler beabsichtigt, Menschen von beidseits der Aare an einem zentralen Ort zusammenzubringen, um den Austausch zu fördern. Der dafür ideale, weil symbolträchtigste Ort, ist die altehrwürdige Holzbrücke. Dort wird ein einladender Tisch aufgebaut, an dem – mit dem von Corona gebotenen Abstand – jeweils zwei Oltner*innen vis-à-vis Platz nehmen, die auf unterschiedlichen Seiten der Aare zu Hause sind.
Eine/r übernimmt die Rolle der Gastgeber*in, das Gegenüber den Part des Gasts. Am Tisch sitzen alle Gastgeber*innen auf der einen Seite, die Gäste auf der gegenüberliegenden. Die Gastgeber*innen bringen jeweils einen kleinen Imbiss, der mit dem Gast geteilt wird, sowie die dafür notwendige Infrastruktur mit. Die Gäste ihrerseits bringen für die Gastgeber je ein «Gastgeschenk».
Auch Heimweholtner*innen sind herzlich eingeladen!
Details entnehmen Sie bitte dem unten angefügten Brief des Künstlers.
Anmeldung (bis 30. August) im Kunstmuseum:
oder Tel. 062 212 86 76
oder per Post mit der Anmeldekarte.
Wichtig: Wir benötigen folgende Angaben von Ihnen:
Name und Vorname, Wohnadresse, Email und Telefonnummer.
Bitte vermerken Sie in der Betreffzeile der Email, ob Sie als Gastgeber*in oder als Gast mitmachen möchten.
Die Paarbildungen werden aufgrund der Reihenfolge der Anmeldungen vom Kunstmuseum vorgenommen und den Betiligten vor der Aktion mitgeteilt.