26.05. — 18.08.2013 | Museum

Babel

There's a heaven above you

Der Turmbau zu Babel und die babylonische Sprachverwirrung sind die biblischen Symbole für menschlichen Hochmut, göttliche Rache und gesellschaftliche Dekadenz schlechthin. Andererseits gilt die Geschichte aber auch seit jeher als allgemeinverständliches Gleichnis für die subjektive Welt der Künstlerinnen und Künstler. Unter dem Titel «BABEL – There’s a Heaven above You!» zeigt die grosse Sommerausstellung im Kunstmuseum Olten auf drei Etagen 16 Positionen von zeitge-nössischen Schweizer Kunstschaffenden und kombiniert sie mit Werkgruppen aus der Sammlung.

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«There’s a heaven above you baby» singt der Sänger der Band Guns N’Roses im Refrain der Rockballade «Don’t cry». Im Ausstellungstitel thematisiert dieses Zitat den Umgang der Kunst mit dem Mythos des Turmbaus, der, nach Jaques Derrida, am Anfang aller Mythen steht. Babel erzählt vom eigentlichen Ursprung der Metapher, von der Notwendigkeit der Allegorie und somit auch von den Möglichkeiten der Kunst. Aufgebaut wie ein Hollywood-Spielfilm mit einem Plot, der an Spannung nichts vermissen lässt, berichtet Babel vom Hang des Menschen zum Überschreiten von Grenzen, von seinem Traum, (gottgleich) den Himmel zu berühren, von der Unzulänglichkeit der Sprache(n) und der Notwendigkeit des Bildhaft-machens. Dies sind Themen, welche die Kunst schon immer geprägt haben. Damit verbundene Begriffe wie Unvollkommenheit, Unterbrechung, Versuch und Versuchung, Behauptung, Schöpfung oder Pluralität definieren geradezu den Konzeptrahmen, in dem sich die Künstler von heute mühelos bewegen.

Die Ausstellung präsentiert neben Arbeiten, die sich mit dem Thema Babel in engerem Sinne auseinander-setzen, auch Kunstschaffende, die sprichwörtlich in den Himmel bauen, das Unmögliche denken und neue Sprachen (er-)finden. Christian Waldvogel etwa schuf mit «Globus Cassus» eine architektonische Utopie, welche die Umwandlung der Erde in eine viel grössere, hohle und auf ihrer Innenseite bewohnte Sphäre vorsieht. Der 83-jährige Willi Facen beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Babel-Thema und kreiert grossartige Aquarelle, die den Turm in detailreichen Varianten zeigen, während Studierende der EPFL den zweiten Turm der Lausanner Kathedrale für ein Pilgerhaus fertig bauen. Dominique Koch entzieht Texte ihrem Kontext, zerlegt und kombiniert sie anders, womit sie neue Bedeutungen freilegt. Augustin Rebetez erweckt mit «La Maison» ein Haus zum Leben und die Architekten Barbara Frei und Martin Saarinen planen den «Grossen Flughafen», dessen Oberfläche den ganzen Jura überzieht und oberhalb Oltens seinen Anfang findet.

Das Treppenhaus vereint sodann eine Fülle an unterschiedlichsten Materialen zum Thema Babel aus den Bereichen Kunst, Architektur, Städtebau, Politik, Literatur, Philosophie, Sport und Spiel... Hier präsentieren wir zudem alle Turmbilder, die in unserem vorgängig zur Ausstellung lancierten BABEL-Bild-Wettbewerb eingereicht wurden – eine herrlich vielfältige, verrückte und phantastische Ideensammlung!

Künstler*innen

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler:

BABL, Maud Châtelet, Klodin Erb, Willi Facen, Frei + Saarinen, Florian Graf, Paul Gugelmann, Interpixel (Sablonier / Würth), Monica Ursina Jäger, Thomas Kneubühler, Dominique Koch, Augustin Rebetez, Roland Roos, Sandra Senn, Christian Uetz (Performance), Christian Waldvogel u. a.

Werke aus der Sammlung von:

Hans Küchler (Kü), Otto Lehmann, Michael Meier / Christoph Franz, Verena Thürkauf, René Zäch u. a.

Ansichten

Mitmachen

Das Verständigungsbüro

Ein Kunstprojekt von Interpixel

Das Künstlerduo Interpixel alias Eva-Maria Würth und Philippe Sablonier richtet für die Stadt Olten ein «Verständigungsbüro» ein und betreibt dieses während des Monats Juni 2013 im Stadthaus.

Das «Verständigungsbüro» ist als öffentliches Forschungsprojekt angelegt, das über künst­lerische Interventionen herausfinden will, wie die Verständigung in der Stadt Olten funktio­niert. Es sammelt Informationen und möchte erfahren, was gut läuft und wo es hapert. Dazu suchen Eva-Maria Würth und Philippe Sablonier das Gespräch mit der Oltner Bevölkerung, dem Parlament, dem Stadtrat und der Stadtverwaltung.

Das «Verständigungsbüro» versteht sich als offene Einladung an die Bevölkerung und die Verwaltung, Interpixel im Monat Juni jederzeit zu kontaktieren und Beobachtun­gen, eigene und fremde Erfahrungen bezüglich Verständigung in der Stadt einzu­bringen und zu melden. Das Büro nimmt jede Meldung – sei sie anonym oder persön­lich, öffentlich oder geheim – entgegen: mündlich, telefonisch, per E-Mail, auf Einladung oder bei einem Besuch im Stadthaus.

Das «Verständigungsbüro» bringt Personen zusammen und regt mit überraschenden Aktio­nen zur Reflexion über das Kommunikationsverhalten in der Stadt an. Mittels spielerisch-lustvol­ler Strategien will Interpixel mit augenzwinkernder Ernsthaftigkeit Gewohntes anders denken, Verborgenes ans Licht heben und Rätselhaftes befragen.

Das «Verständigungsbüro» handelt unabhängig, seine Forschungsmethoden sind frei, seine Resultate veröffentlicht es in angemessener Form.

Interpixel  (Eva-Maria Würth *1972 / Philippe Sablonier *1968) Projekt: Das Verständigungsbüro, Juni 2013 Büro 1001, Stadthaus Olten, 10. Stock
Interpixel (Eva-Maria Würth *1972 / Philippe Sablonier *1968) Projekt: Das Verständigungsbüro, Juni 2013 Büro 1001, Stadthaus Olten, 10. Stock

Roland Roos: BABEL

Ein Kunstprojekt im Kunstmuseum Olten, im Kunstraum «Kathedrale Olten» und im öffentlichen Stadtraum

Im Rahmen der Ausstellung «BABEL – There’s a Heaven above You!» sind das Kunstmuseum Olten und der Kunstraum «Kathedrale Olten» eine Kooperation eingegangen. Gemeinsam haben sie den Künstler Roland Roos eingeladen, zum Thema Babel eine ortsspezifische Arbeit zu entwickeln, die den öffentlichen Raum über Interventionen an markanten Gebäuden einbindet:

Roland Roos bat fünf in Olten ansässige Firmen, ihm einen Buchstaben ihrer Leuchtbeschriftung auszuleihen, um den Ausstellungstitel zu schreiben. So sind im öffentlichen Raum kleine Sprach-lücken entstanden, die sich über die Leuchtinstallation in der Kathedrale Olten zum Wort «BABEL» fügen. Im Kunstmuseum ist eine Fotoserie zu sehen, welche die Lücken im öffentlichen Raum zeigt.

Die Kathedrale Olten befindet sich im Gerolag Center (beim Schwager-Theater) an der Industriestrasse 78 in Olten.

Am Empfang des Kunstmuseums können zwei schöne blaue, mit «Kunst-Transport» beschriftete Fahrräder, eine Karte mit Velorouten sowie der Schlüssel zum Kunstraum ausgeliehen werden, um die Installation und die babelesken «Zahnlücken» im Stadtraum zu besichtigen.

Viel Spass!

Roland Roos (*1974): BABEL, 2013. Velos zur Erkundung der Arbeit im öff. Raum und in der Kathedrale Olten ©Künstler
Roland Roos (*1974): BABEL, 2013. Velos zur Erkundung der Arbeit im öff. Raum und in der Kathedrale Olten ©Künstler

Hoch hinauf – Babel-Bilderwettbewerb

mit Preisverleihung im Rahmen des Museumstags 2013 und anschliessender Präsentation aller Beiträge im «Bilderturm» im Treppenhaus

Im Hinblick auf die Ausstellung «BABEL – There’s a Heaven above You!» hat das Kunstmuseum Olten einen BABEL-Bilderwettbewerb ausgeschrieben. Gesucht waren die «schrägsten», verrücktesten, utopischsten Turmbilder; sie durften gemalt, collagiert, fotografiert, gezeichnet oder gedruckt werden und auch die Grösse war frei wählbar, solange sich die Eingaben an die Wand hängen lassen würden.

Die Hoffnung war, mit den eingereichten Werken an einer Museumswand einen Bilderturm hängen zu können. Rückblickend dürfen wir mit grosser Freude feststellen, dass die Erwartungen weit übertroffen wurden: 67 Künstlerinnen und Künstler aus der Bevölkerung, von jung bis alt, haben mitgemacht, so dass wir am Museumstag vom vergangenen Sonntag gleich drei vollgehängte Museumswände präsentieren konnten. An dieser Stelle sei allen herzlich gedankt, die sich am Wettbewerb beteiligt haben!

 Nicht nur die Menge der Bilder hat uns positiv überrascht, sondern auch die Gestaltungsvielfalt, die vielen Details, die kühnen und schrägen Ideen, die mit viel Sorgfalt und Liebe zu Papier gebracht wurden. Jedes einzelne Bild erzählt eine Geschichte, zeigt eine persönliche Auseinandersetzung mit dem alten und doch aktuellen Thema des Turmbaus von Babel und des menschlichen Wunsches, nach den Sternen zu greifen, Barrieren zu sprengen und seiner Phantasie freien Lauf zu lassen.

 Jedes Bild hätte in seiner Originalität einen Preis verdient – entsprechend schwer haben wir uns mit der Prämierung getan. Und doch haben wir schliesslich drei Wettbewerbs-Gewinner/innen ausgewählt und ihre Beiträge im Rahmen der Preisverleihung am Museumstag gekürt:

In der Kategorie Kinder haben Noah Martin & Samira Schibli gewonnen, ihr Bild reicht vom Boden bis zur Decke und zeigt einen Turm, der weit über die Wolken hinaus ragt. Kay Nebel wurde in der Kategorie Jugendliche ausgezeichnet, sein Bild zeigt einen Menschen, der gleich selbst zum Turm geworden ist. Bei den Erwachsenen durfte Coco Ray den Preis entgegennehmen, ihre Collage animiert dazu, gedanklich in die Ferne zu schweifen und visualisiert dadurch die Macht der menschlichen Phantasie. Besonders gefreut hat uns, dass sich gleich mehrere Schulkassen am Wettbewerb beteiligt haben. Sie erhalten als Dankeschön alle die Gelegenheit, gratis einen Workshop in der Ausstellung zu besuchen.

Alle Wettbewerbsbeiträge werden in eine spezielle Sektion der Ausstellung «BABEL – There’s a Heaven above You!»  integriert: Zusammen mit einem reichen Strauss an Materialien zum Thema werden sie das Treppenhaus in einen Babel-Turm verwandeln.

Ausstellungsansicht «Babel», Kunstmuseum Olten, 2013. Foto Stefan Rohner
Ausstellungsansicht «Babel», Kunstmuseum Olten, 2013. Foto Stefan Rohner

Projektwoche Bifangschulhaus

Ein kunterbunter Turm entsteht

In der Woche vom 29. April bis zum 3. Mai 2013 besuchten rund 250 Schüler:innen und Kindergartenkinder des Bifangschulhauses das Kunstmuseum Olten. In Gruppen aufgeteilt, arbeiteten sie an drei Stationen zum Thema der Sommerausstellung «BABEL. There`s a Heaven above You!».

Marina Stawicki führte erzählerisch in das Thema ein. Doch im Gegensatz zur biblischen Geschichte, die vom Hochmut der Menschen erzählt, der sogleich von Gott bestraft wurde, indem er ihre vormals einheitliche Sprache in viele verschiedene verwirrte, verweist das Ergebnis der Projektwoche – sowie die kommende Ausstellung selbst – auf die positiven Aspekte in der Geschichte.

Dass die Teilnehmenden miteinander redeten und lernten, ein Verständnis für Sprachen zu entwickeln und die eigene Identität und Vielfalt erfragen konnten, davon zeugt auch die Tonbandaufnahme, die im Inneren des Turms zu hören ist.

Die Mehrzahl der Kinder des Bifangschulhauses spricht neben Schweizerdeutsch eine weitere Sprache. In der von Christiane Hoefert geleiteten Station entstand eine Tonbandaufnahme, bei der sich die Kinder in ihrer Muttersprache oder präferierten Sprache vorstellen. Zu hören ist u. a. Tibetisch, Arabisch, Thailändisch, Französisch, Türkisch, Somalisch, Tamilisch, Holländisch, Russisch, Bosnisch, Serbisch, Kroatisch, Chinesisch, Vietnamesisch, Deutsch, Englisch und Spanisch, …

Im anschliessenden Pantomime-Spiel verständigten sie sich ganz ohne Worte.

Daniela Müller und Lisa Mandelartz leiteten das Kreativatelier. Dort bemalten die Kinder Holzlatten. Ihre Wünsche und Visionen schrieben oder zeichneten sie auf Zettel, die sie, mal versteckt und geheim oder mal für alle lesbar, direkt an den Latten befestigten, aus denen der Turm dann zusammengesetzt wurde.

Der Turm, zu dessen Gelingen jedes Kind einen wichtigen Beitrag geleistet hat, veranschaulicht die Vielfalt und den Reichtum an Ideen der Schülerinnen und Schüler sowie Kindergartenkinder des Bifangschulhauses. Der Turm war am Internationalen Museumstag (Sonntag, 12. Mai) im Kunstmuseum zu sehen und wird im Anschluss daran nun im Bifangschulhaus aufgebaut.

Babelturm des Bifangschulhauses
Babelturm des Bifangschulhauses